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Die Mokicks und Kleinkrafträder von Zündapp 1956-1976

Neid oder Stolz prägten die Einstellung vieler Jugendlicher zu den Schnapsglasrennern aus München - je nachdem, ob sie selber einen besaßen oder eben nicht. Technische Glanzleistungen wie die doppelten Federbeine der frühen Typen und später die serienmäßige Wasserkühlung prägten das Image der Fünfziger von Zündapp.

Dumm gelaufen: Zündapp hatte alles vorbereitet, um auf der Internationalen Fahrrad- und Motorradausstellung (IFMA) im Oktober 1956 das erste eigene Kleinkraftrad "Florett" zu präsentieren - und dann das! Unmittelbar vor der Show bewarb Kreidler sein neues Kleinkraftrad, das ebenfalls Florett hieß. So standen die Münchener plötzlich mit einer wertlosen Pressemappe und ohne Namen für ihr Kleinmotorrad da. Praktisch über Nacht erfand Dr. Eitel-Friedrich Mann, Direktor des Münchener Werkes und ein Schwager des Firmenchefs Hans-Friedrich Neumeyer, den neuen Namen "Falconette".

Als "technische Delikatesse" wertete die Zeitschrift Radmarkt den fortan für Zündapp so typischen Druckguss-Zentralrohrrahmen der Falconette mit der internen Typenbezeichnung 425. Der vordere Teil des y-förmigen Rahmenrohrs trug den Tank und beherbergte im Inneren einen Ansauggeräuschdämpfer, während an das hintere Ende ein Leichtmetallkasten gegossen wurde, der als Werkzeugbox diente und Federbeine sowie Sattel aufnahm. Die ungewöhnliche Konstruktion ermöglichte - ganz im Stil der Zeit - karosseriemäßige Formen. Im Gegensatz zu Blechverkleidungen verursachte sie aber kaum Dröhngeräusche und vor allen Dingen: Sie rostete nicht.
 

Falconette Typ 425, 2,3 PS
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Vorne besaß die Falconette eine Blechpreßgabel mit geschobener Kurzschwinge und Schraubenfedern. Das Hinterrad war beidseitig mit einem doppelten Federbeinpaar abgestützt. Bei höherer Belastung (zum Beispiel bei Soziusbetrieb) konnte das zweite Federbeinpaar durch Umlegen eines Hebels zugeschaltet werden. Was auf den ersten Blick wie ein Verkaufsgag anmutete, machte jedoch bei einer so leichten und daher auf unterschiedliche Zuladung besonders empfindlich reagierende Maschine durchaus Sinn.

Leider unterschied sich die 788 Mark teure Falconette (zum Vergleich: ein Kreidler Florett war 30 Mark billiger) äußerlich nur wenig vom Moped Combinette. Der fahrtwindgekühlte, mit dem Dreiganggetriebe verblockte Einzylinder-Zweitakter leistete 2,3 PS bei 6400 U/min. Für den Gangwechsel standen wahlweise eine Drehgriffschaltung oder ein Fußhebel an der rechten (!) Motorseite zur Verfügung. Pedale wie beim Moped suchte man an der Falconette vergeblich. Statt dessen gab es auf der linken Motorseite einen nach vorne zu tretenden Kickstarter, und mit der Hacke des rechten Fußes betätigte man die Hinterradbremse. Auf Reifen der Größe 23 x 2,5 rollend, erreichte die Falconette etwa 55 km/h Spitze. Und stieß dabei auf gut eingeführte Konkurrenz: Kreidler hatte mit der leistungsstärkeren Florett einen großen Wurf gelandet und beherrschte den ohnehin begrenzten Markt für Kleinkrafträder.

Falconette Typ 435, 3,6 PS
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Dennoch zeugten die Absatzbemühungen der Münchener von einer gewissen Unverdrossenheit. "Wer eines Tages mehr möchte als ein Moped - der entscheidet sich für die leichte, wendige, wirtschaftliche Falconette", umwarben die Prospekte potentielle Aufsteiger. Nur - wer wollte schon mehr? Moped fahren durfte man schließlich ganz unkompliziert ohne Führerschein, ab 1959 sogar mit Sozius. Der Markt für die schnelleren Kleinkrafträder dümpelte vor sich hin, auch eine neue Falconette mit 3,6 PS konnte daran nichts ändern. Eine Trendwende brachte erst die Führerscheinpflicht für Mopeds zum 1. April 1961. Da damit auch der Zwang zu Tretkurbeln entfiel, war der Weg frei für ein völlig neues Fahrzeug, das "Mokick". Weitsichtige Hersteller wie Zündapp präsentierten bereits auf der IFMA 1960 entsprechende Modelle.

Schon kurze Zeit nach der IFMA meldete Zündapp ein bereinigtes Programm für 1961: Als Basismodell diente nun die Falconette KS 50, Typ 510. Mit einem 4,2 PS starken Viergangmotor erreichte sie eine Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h. Dazu kam die Sport-Combinette KS, ein auf 2,6 PS gedrosseltes, aber ansonsten mit der KS 50 nahezu baugleiches Dreigang-Mokick.

Sport-Combinette KS, Typ 510, 2,6 PS Original 107 K

Selbstverständlich blieb die neue Typenreihe dem Druckguß-Zentralrohrrahmen treu, schließlich besaßen die Münchener längst eine eigene Gießerei, in der auch Teile für Fremdfirmen wie BMW gefertigt wurden. Bei den neuen Mokicks und Kleinkrafträdern war der Druckgußkasten allerdings kräftig gewachsen und füllte den Raum zwischen Tank und Sitzbank völlig aus. Die 510er boten somit die Optik und die Sitzposition eines richtigen Motorrades - ein nicht zu unterschätzendes Verkaufsargument. Beide Modelle konnten gegen Aufpreis mit Gebläsekühlung bestellt werden. Die Zwangskühlung war bei der Kundschaft so beliebt, dass in den Folgejahren die fahrtwindgekühlten Motoren nach und nach völlig aus dem Programm genommen wurden.

Zündapp-typisch:
Druckguß-
Zentrahlrohrrahmen
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Basis einer langen
Motorengeneration:
3- u. 4-Gang Motoren
der
Typenreihe 510
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Firmenchef Hans-Friedrich Neumeyer knüpfte große Erwartungen an die neuen Modelle. Schließlich hatte der Misserfolg des Janus-Kleinwagens gerade erst den Verkauf des Nürnberger Zündapp-Stammwerkes notwendig gemacht, ein weiterer Fehlschlag wäre nur schwer zu verkraften gewesen. Also gab man sich optimistisch: "Von dieser rassigen Maschinen werden unsere jungen Mokickfreunde begeistert sein", mutmaßte die Werbeabteilung über die Sport-Combinette KS und war sich sicher, daß auch die Falconette KS 50 "überall Beaachtung finden" würde. Und sie täuschte sich nicht. 1961 avancierte Zündapp sogar zum größten deutschen Hersteller motorisierter Zweiräder!

Leider konnte der Vater des Erfolges, Dr. Eitel-Friedrich Mann, diesen Triumph nicht mehr miterleben. Der gelernte Diplom-Ingenieur, der mit großem persönlichem Einsatz das Münchener Werk aufgebaut hatte, war völlig unerwartet im Sommer 1960 im Alter von nur 50 Jahren gestorben. Hans-Friedrich Neumeyer zog sich nach Manns Tod immer mehr ins Privatleben zurück und übertrug dem kaufmännischen Direktor Richard Schulz die Leitung des Werkes. Außerdem wurde Neumeyers Sohn Dieter ab dem Spätherbst 1960 in die Firmengeschäfte eingeführt.

Super-Falconette KS 50
Typ 510, 4,2 PS
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Schon im Herbst 1961 präsentierte die Münchener Zweiradschmiede mit der Super-Falconette KS 50 ein Kleinkraftrad der Luxusklasse, ausgestattet mit Weißwandreifen, Metalliclack, Gepäckträger und Chrombügel am vorderen Schutzblech. Technisch neu an der Super-Falconette war vor allem die Hinterradfederung, die den Zündapp-Werbetexter Anlass zu einer ausführlichen Beschreibung gab: Sie "...entspricht zwar optisch den bisherigen doppelten Federbeinpaaren, in Wirklichkeit ist die Super-Falconette nunmehr mit zwei Federbeinen und zwei hydraulischen Stoßdämpfern ausgestattet. Die zwei verschiedenen Federungselemente haben den großen Vorteil, dass sie sich selbständig 'automatisch' auf die jeweilige Belastung einstellen." Dieses Federsystem wurde im Laufe des Jahres 1962 in alle Modelle der Typenreihe 510 übernommen.

Freilich konnte auch ein Hersteller wie Zündapp von Luxus-Kleinkrafträdern allein nicht leben. Folgerichtig erweiterte man das Modellprogramm nach unten um die Mokick-Ausführung der Super-Combinette, Typ 433, die als Moped schon seit 1960 angeboten wurde. Mit Rahmendurchstieg, Blechpressgabel und Dreigang-Drehgriffschaltung wandte sich die neue Variante eindeutig an die konservative Klientel. Beinahe unverändert sollte das preisgünstige Mokick bis 1968 im Programm bleiben.

Super-Combinette
Typ 433, 2,6 PS
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Unterdessen löste zum Modelljahr 1963 die Typenreihe 515 die 510er-Modelle ab. Deutliches Merkmal der neuen Serie war die lang ersehnte Telegabel mit 120 Millimeter Federweg und (schwacher) hydraulischer Dämpfung. Gleichzeitig beschränkte man sich mit der KS 50 Super auf ein einziges Kleinkraftradmodell, der Name Falconette entfiel.

Sport-Combinette
Typ 515, 2,6 PS
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KS 50 Super
Typ 515, 4,8 PS
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Seit über 30 Jahren in
erster Hand:
KS 50 Super SL
Typ 516, 5,2 PS
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Um leistungsmäßig nicht ins Hintertreffen zu geraten, ließ Zündapp der KS 50 Super eine Kraftkur bis auf 4,8 PS im Herbst 1964 angedeihen, als es das neue Kleinkraftrad KS 50 Super SL, Typ 516, gar auf stolze 5,2 PS brachte. Lachen Sie nicht, im harten Konkurrenzkampf zählte durchaus jedes Zehntel! Langstreckenfahrten in Monza untermauerten die Zuverlässigkeit: "Sechs Tage und Nächte haben wir die serienmäßige KS 50 Super SL mit Vollgas um die Rennbahn gejagt", schwärmte Werbeleiter Heinz Kletzke. "144 Stunden bei Sonne und Regen, Nebel und Wind. Sie hat ihre 85 Kilometer Stundendurchschnitt heruntergespult, als wär's eine Selbstverständlichkeit."

Mit der Super SL gab es endlich das längst überfällige Fünfganggetriebe, mit dem andere Hersteller teilweise schon seit Jahren lockten. Verstärkungen am Fahrwerk verbesserten das Fahrverhalten der neuen Maschine. Außerdem ersetzte Zündapp - wie bei allen Mokicks und Kleinkrafträdern des Modelljahrs 1965 - die bisherigen Feder/Dämpfer-Elemente an der Hinterradschwinge durch ein herkömmliches Federbein an jeder Seite.

Wie sehr Sportlichkeit zu jener Zeit Trumpf war, demonstrierte das neue Vorzeigemodell des Jahrgangs 1966, die KS 50 Sport, Typ 516 - eigentlich nur eine optische Weiterentwicklung der Super SL. Offene Federbeine, Stummellenker und entsprechende Armaturen sollten wohl sportliches Flair signalisieren. Doch leider misslang der Versuch, denn das Fahrwerk wurde nicht nur von der Fachpresse als etwas zu hoch empfunden, es entsprach einfach nicht mehr dem Zeitgeschmack.

Die Zündapp-Techniker reagierten rasch. Bereits ein Jahr später erschien das Dreigestirn Sport-Combinette, KS 50 Super SL und KS 50 Sport als Typ 517 mit einem deutlich niedrigeren und gestreckteren Rahmen. Auffällig an der KS 50 Sport war außerdem die Rückkehr zur Fahrtwindkühlung mit einem im Windkanal ausgeklügelten, großflächig verrippten Zylinder. Und die Bemühungen der Münchener zahlten sich aus: 1967 vergrößerte die 1700 Mann starke Firma ihren Marktanteil bei deutschen Motorzweirädern bis 100 Kubik auf über 33 Prozent. Dank der sehr guten Absatzlage erhielt das Werk in der Anzinger Straße ein zweites Fertigungsband, außerdem erzwangen strengere gesetzliche Auflagen den Bau einer hochmodernen Galvanik. Man war auf der Höhe der Zeit.

C 50 Sport
Typ 517, 2,9 PS
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KS 50 Sport
Typ 517, 5,3 PS
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KS 50 Super Sport
Typ 517, 5,3 PS
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Als Anfang September 1967 anlässlich der Feierlichkeiten zum 50. Firmenjubiläum eigens eine Werkshalle leergeräumt wurde, hatten die 517er-Typen ihr erstes "Facelift" schon hinter sich. Dabei glänzte die neue KS-Linie, die unschwer am bulligen 13,5-Liter-Tank zu erkennen war, zunächst einmal mit neuen Namen und Modellen: Deutschlands meistgekauftes Mokick, die Sport-Combinette, hieß von nun an C 50 Sport; das Kleinkraftradprogramm umfasste die nur noch mit Fahrtwindkühlung angebotenen Modelle KS 50, KS 50 Sport und KS 50 Super Sport. Während die KS 50 eine Einfachausführung der KS 50 Sport darstellte, lieferte man mit der KS 50 Super Sport für viele 16jährige den Westentaschen-Café-Racer schlechthin. Als letzter Schrei galt die Ausführung mit hochgezogenem Auspuff und roter Sitzbank. Sich machte den optischen Triumph über den praktischen Nutzen perfekt, und der jüngere Teil des Publikums überlegte fieberhaft, ob es sinnvoller sei, das Sparschwein gleich zu töten oder es noch zwei Jahre, bis zum ersten Auto, am Leben zu lassen.

Ein Jahr nach dieser Überraschung schickte Zündapp mit der Super-Combinette das dienstälteste Mokick des gesamten Modellprogramms in Pension. C 50 Super hieß der neue Zweisitzer mit Rahmendruchstieg. Optisch runderneuert, behielt dieser Typ 441 allerdings die wesentlichen technischen Merkmale seines Vorgängers bei: vordere Blechpressgabel, Dreigang-Handschaltung und Gebläsekühlung. Immerhin entlockten die Techniker dem Mini-Triebwerk mittlerweile 2,9 PS. Es waren eher die gesetzteren Herren, die auf das konservative Mokick schworen, und weil mit jenen Herren auch ohne Modegags ein gutes Geschäft zu machen war, blieb die C 50 Super mit nur wenigen Änderungen bis 1976 im Angebot. Wer es optisch flotter haben wollte, griff ohnehin zur C 50 Sport.

C 50 Super
Typ 441, 2,9 PS
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Deutschlands größter Hersteller motorisierter Zweiräder ging also durchaus gut gerüstet in die siebziger Jahre. Außerdem hielt Dieter Neumeyer, der ab 1971 allein die Geschicke des Traditionsunternehmens leitete, noch einen großen Trumpf in der Hand - die Wasserkühlung. Bevor es allerdings soweit war, erfuhr die 517er-Typenreihe noch  Modellpflege: Im Herbst 1970 stellte Zündapp alle Kleinkrafträder "mit noch mehr Speed in den fünf Gängen" vor. Mit 6,25 PS aus nur 50 Kubik liefen die kleinen Motorräder stolze 85 km/h - aufrecht sitzend, wohlgemerkt! Leider ging der Leistungszuwachs auf Kosten hoher Drehzahlen und enormer Fahrgeräusche. Und gerade das wirkte schon damals immer unzeitgemäßer.

Erste Hilfe leisteten die Zündapp-Techniker bereits im Herbst 1971 mit dem sogenannten "Super-Therm-Zylinder", in dessen Kühlrippen waagrecht liegende Dämpfungselemente eingezogen waren, um Vibrationen zu mindern. Zur IFMA 1972 folgten weitere Neuheiten: Mit der GTS 50 Typ 517 boten die Münchener jetzt noch ein drittes Mokick an, das mit seinem poppigen "Speed-Orange" mehr denn je den Geschmack der modebewussten Kundschaft darf. Weit weniger neu als die GTS war die KS 50 Cross. Im Grunde handelte es sich bei ihr nur um eine umgetaufte KS 50 Super Sport mit hochgezogenem Auspuff, an der man außer einem neuen Scheinwerfer mit freistehendem Tacho und einem hohen Lenker nichts Wesentliches verändert hatte.

GTS 50, 1973
Typ 517, 2,9 PS
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GTS 50, 1975
Typ 517, 2,9 PS
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KS 50 Cross, 1975
Typ 517, 6,25 PS
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Als Star der IFMA galt ohnehin die KS 50 Watercooled. Peter Flamme, ein offenbar recht talentierter Ingenieur aus der Entwicklungsabteilung, hatte eines Tages einen wassergekühlten Bootsmotorenzylinder (natürlich aus dem Hause Zündapp) genommen und ihn auf ein Moped gebastelt. Das Ding lief hervorragend, war von Anfang an technisch gesund, und wenn auch Flammes Vorgesetzte den findigen Ingenieur zunächst fristlos feuern wollten, weil sie nicht über diese Versuche informiert waren, stand die KS 50 Watercooled doch ab dem Modelljahr 1973 bei jedem Zündapphändler.

Die weltweit erste serienmäßige 50er mit Wasserkühlung avancierte auf Anhieb zum Traum vieler Heranwachsender und zum Alptraum der Konkurrenz, die sich genötigt sah, über kurz oder lang nachzuziehen. Denn die neue Kühlung war weit mehr als nur eine bloße Verkaufshilfe: "Der mit Wasser gefüllte Kühlmantel um den Zylinder wirkt geräuschdämpfend, das Schwirren der Kühlrippen fällt weg", erklärte Ernst "Klacks" Leverkus in Das Motorrad den interessierten Lesern. Ganz nebenbei sorgte die Wasserkühlung noch für eine gleichmäßige Wärmeabfuhr und garantierte dadurch eine konstante Leistungsabgabe auch unter hohen Belastungen.

KS 50 Watercooled
Typ 517, 6,25 PS
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Ob die Wasserkühlung
auch dem Fahrer half, einen kühlen Kopf zu bewahren, weiß freilich niemand...
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Motor der KS 50 WC
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Um für den Motor der Watercooled nicht eigens eine Wasserpumpe konstruieren zu müssen, hatten die Zündapp-Techniker auf das Prinzip der Thermosyphonkühlung zurückgegriffen. Ab einer Temperatur von etwa 60 Grad geriet die Wassermenge von 1,3 Liter in Umlauf; dabei stieg die Flüssigkeit um den Zylinder allein durch Erwärmung nach oben, das kältere Wasser aus dem Kühler floss von unten her in den Wassermantel nach. Die Betriebstemperatur lag zwischen 70 und 100 Grad. Der Kühler hing an verschraubten Rahmenunterzügen, die zwar keine tragende Funktion besaßen, der KS 50 Watercooled jedoch die Optik einer stärkeren Maschine mit Doppelschleifenrahmen verliehen.

Soviel Aufwand hatte natürlich seinen Preis. 2198 Mark zuzüglich Überführung musste berappen, wer stolzer Besitzer einer KS 50 Watercooled werden wollte. Für knapp 150 Mark mehr bekam man schon eine 125er aus Japan, und die hatte dann 15 PS oder mehr... Aber langsam war die Watercooled nicht: Genau 95,74 km/hm mit lang liegendem Fahrer erreichte die Zündapp 1973 auf dem Hockenheimring. Allerdings gab es bei soviel Licht auch Schatten. "Klacks" kritisierte im gleichen Test die "superlangen Schaltwege" ebenso wie massive Probleme mit schadhaften Kühlern, zweimal musste während des Tests getauscht werden. "Klacks" wünschte "...den Zündappleuten in München, dass sie dieses Desaster sehr schnell in den Griff kriegen."

Sie taten es - selbstverständlich -, doch ansonsten tat sich nicht mehr viel. Karl-Henz-Menzl, der seit 1975 die Entwicklungsabteilung leitete, hatte mit den Nachfolgemodellen der 517er-Reihe alle Hände voll zu tun. Mit der KS 50 Watercooled hatten die Münchener den Höhepunkt der Entwicklung erreicht, in den Folgejahren sollte es keine überraschenden Neuerungen mehr geben. Manche Details, wie etwa Beleuchtung und Seitendeckel wurden mehrmals geändert, und beinahe jährlich kamen und gingen neue, dem Zeitgeist entsprechend grelle Farben.

Frische Farben, aber wenig
frischer Wind...
KS 50 Super Sport, 1975
Typ 517, 6,25 PS
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Nichts von alldem konnte jedoch darüber hinwegtäuschen, dass Zündapps Programm in die Jahre gekommen war. Nicht ganz unverschuldet verlor man 1974 den Titel des größten deutschen Herstellers motorisierter Zweiräder an die Nürnberger Hercules-Werke. Kritiker taten die Detailänderungen der letzten Jahre als "lauwarme Aufgüsse" ab und bemängelten, dass sich neue Zündapp-Modelle gerade mal durch die Lackierung hervortäten.

Zehn Jahre Typ 517 waren eben eine lange Zeit. Das Publikum verlangte nach deutlich flotteren Linien und neuer Technik. Folgerichtig brach auf der IFMA 1976 das Zeitalter von Scheibenbremsen, Druckgußrädern und Kunststoffverkleidungen an.

1976 brach das Zeitalter
von Scheibenbremsen,
Druckgußrädern und
Kunststoffverkleidungen an...
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Für Zündapp sollte diese Phase, in der die eigenen Modelle sprunghaft teurer, der Markt immer schwieriger, und die Unternehmungslust des Firmenchefs Dieter Neumeyer immer geringer wurde, gerade noch einmal acht Jahre dauern. Im Herbst 1984 schloss die traditionsreiche Firma ihre Pforten für immer.

Text: Hans Tilp
Fotos:  Boy Kluitmans, H.-W. Steenbock, Hans Tilp

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